Görl
meets Beuys
1979 wird die
Elektropunkband Deutsch-Amerikanische Freundschaft, - kurz: DAF - in Düsseldorf
aus der Taufe gehoben. Berühmt wird die zunächst fünfköpfige
Gruppe erst ab 1981 als Duo, bestehend aus Gabi Delgado Lopez - DAF-Sänger
und -Texter, Jahrgang 1958 - und Robert Görl, vormals zuständig
fürs Schwitzen am Schlagzeug, heute Keyboards.
Robert Görl,
1955 geboren, studiert zunächst in Augsburg Schlagwerk und wechselt
1976 nach Graz an die erste europäische Jazz-Hochschule. Er bricht
das Studium jedoch vorzeitig ab. "Ich wollte nicht", sagt er, "im Orchestergraben
landen und Pauker werden. Ich wollte was Eigenes machen." 1978 geht er
nach London, wo er sich mittellos herumtreibt und in einem ehemaligen Soldatenheim
in der "Schweineklasse" unter den Eisenbetten schläft: "Damit es gar
nichts kostet."
Vorstellungsversuche
bei englischen Rockbands und Musikstudios verlaufen erfolglos. Görl
folgt dem Tipp eines Bekannten und wechselt nach Düsseldorf, wo es
1978 bereits einige punkberührte Musikformationen gibt, wie Mittagspause,
Charlies Girl (bei denen Delgado tanzt) oder Der Plan (für die Görl
bis zu ihrer ersten Single trommelt). Im Ratinger Hof trifft Görl
auf Gabi Delgado Lopez: "Ich an der Bar, Gabi zwei Meter weiter, wir haben
uns angeschaut. So haben wir uns kennen gelernt." Beiden ist klar, dass
etwas passieren wird. "Man fuhr raus in irgendeinen Keller zum Proben.
Da hat sich rauskristallisiert, wer was mit wem macht."
DAF nimmt Gesalt
an. Man stilisiert sich, auch äußerlich. Görl: "Wir hatten
eine Überdodis an Selbstbewusstsein." Zu zweit entwickeln sie das
Erfolgskonzept: Maschinen und schwitzende Körper. Auf der symbolischen
Ebene erfinden Delgado und Görl den "schwarzen Stil", Leder, Muskeln,
ultrakurze Haare, homoerotische Attitüde, Toughness.
Als die Sequenzer
aufkommen, werden die sofort angeschafft. Görl und Delgado ist klar:
Gitarre und Saxofon müssen weg, auch das Keyboard. Görl und Delgado
wollen ihre musikalischen Kombattanten - Chrislo Haas, Michael Kemner und
Wolfgang Spelmans - wieder loswerden. Görl: "Das war hart. Aber so
ist das Leben." Alles läuft auf einen neuen Style hinaus, keine Songstruktur
mehr, stattdessen minimalistische Loops.
Ein Fan der
ersten Stunde ist Fassbinder. Görl: "Wir sind damals in viele Kreise
eingetaucht, haben viele Künstler, auch Filmleute kennen gelernt."
1980, zur Zeit des ersten Albums "Alles ist gut", wird Görl Beuys
vorgestellt, auf der Straße. "Auch Joseph Beuys war totaler DAF-Fan.
Das war so eine intuitive Begegnung: als hätte man gesprochen, ohne
wirklich gesprochen zu haben."
In nur fünf
Jahren produzieren DAF ihre legendären Alben mit Titeln wie "Der Mussolini",
"Verschwende deine Jugend", "Alle gegen alle" oder "Alles ist gut". 1983
kommt es zur ersten Trennung. Aus einer halbherzigen Wiedervereinigung
1985 geht das Disco-Album "1st Step To Heaven" hervor.
Als sich mit
Bands wie Nizzer Ebb, Front 242 und Laibach eine Generation von DAF-Erben
etabliert, trennt sich das Duo erneut. Görl fährt 1989 mit hundert
Sachen gegen einen Baum - und überlebt. Er folgt dem "Weg des Buddha",
taucht für Jahre in Asien ab, bevor er in den Neunzigern in Berlin
diverse Technoalben produziert. Auch Delgado experimentiert mit Kunst und
Musik, entwirft die DAF-Replikanten Delkom und DAF/DOS. Beider Soloprodukte
bleiben gleichwohl marginal.
Im Frühjahr 2003 dann das Phönix-aus-der-Asche-Projekt "Fünfzehn neue DAF-Lieder". Görl: "Da ist sehr viel Kunst drin, sehr viel Abstraktheit. Wir haben immer an etwas gebaut, was immer besser wurde." Weitere musikalische Zusammenarbeit wird nicht ausgeschlossen. NIKE BREYER Dieser Artikel
erschien in der Printausgabe der "tageszeitung" und ist auf deren Online-Archiv
|
Back to
Start
Back to Görlmedia-Print |