FROM PUNK TO GOD
 

                                                  "BEAM ME UP" Februar 2000

Auf dem schick gestalteten Cover der neuen  Platte „Final Metal Pralines“ von Robert Görl findet sich ein etwas unscheinbarer Aufdruck: “Since 1979“ steht dort.
Und es ist offensichtlich von Görl unterschrieben, also weniger Promotririli als mehr ein Stateement.Denn tatsächlich ist Görl seit mittlerweile über zwanzig Jahren damit beschäftigt, Musik zu produzieren.Und das fing alles an mit DAF.

Für die Jüngeren: DAF, sprich „Deutsch-Amerikanische Freundschaft“ hiessen so- behaupte ich jetzt mal- weil die deutsch-amerikanischen Beziehungen zur Zeit des Kalten Krieges bis hin zur Verblödung geschont und geschönt wurden und man es da halt lustig fand, DAF zu heissen. Andererseits aber war der Name Programm:man verband etwas sehr Amerikanisches,nämlich den Rock mit etwas sehr Deutschem, nämlich den Hang zu kühler,fast marschierender Musik. Der Rock ist darin als Haltung in den Texten und auf der Bühne aufgehoben.
Aber der Prophet gilt im eigenen Land mal gar nix, daher mussten DAF, das waren vor allem der Waver Gabi Delgado und der eben damals aus dem Jazz kommende Robert Görl, nach London ausweichen. Selbstredend tat ihnen das gut. Und selbstredend entdeckte man hier DAF nach ihrem sich schnell einstellenden internationalen Erfolg für sich zurück
( wie ja auch Kraftwerk) und feierte beide, Delgado und Görl als eine Art Wiedergeburt des Spitzendreamteams Lennon/McCartney.Doch:Als die Beatles zerfielen, erstarb auch die Bedeutung von MCCartney, während Lennon sowohl sein Talent als auch seine politische Haltung auf einem mit den Werken der Beatles durchaus vergleichbaren Level halten konnte.DAF aber trennten sich, man entschuldige die merkwürdige Steigerung, gleicher:Delgado behielt die fast politisierte Rockhaltung bei sich, während Görl die Musik erhalten blieb.
Ein Absatz als Ausflug: Delgado ist nun, nach Jahren des Misserfolges bei einem Projekt angekommen, das er DAFDos nennt.DOS steht dabei für Dos-Ebene und DAF- ja, ja,genau.
Unter diesem Namen entstehen nun recht zweifelhafte Alben, bei denen sich Delgado(sein Alter ignorierend) über die Maßen verausgabt und vor seinen Hörern noch immer den gestrandeten Körperisten herausworken muss.Seine Alben gelten vor allem deshalb an verschiedenen Stellen und bei verschiedenen Leuten für cool, weil ihre Texte so irre und weird und auf absolut unzeitgemässe Weise appelativ sind. Rock.

Ganz anders Robert Görl.
Görl hatte den Versuchen, DAF wieder und wieder zu beleben-schon einmal -1985 hatten sich DAF für noch ein Album zusammengerauft- eher skeptisch gegenüber gestanden.Er trabte ein bisschen unlocker auf Solopfaden und trieb ungebunden durch die Welt, bis er 1989 einen schweren Autounfall erlitt.
Infolge dessen und aufgrund seiner Überlegungen im Krankenhaus und in der übrigen Genesungszeit öffnete sich ihm die wunderbare Welt des Buddhismus: Görl begann sich intensiv mit dem Lehrer des Insichruhens zu beschäftigen und bereiste oft deen asiatischen Kontinent.Zurück nach Europa kehrte er dann mit einer freundlichen Gelassenheit im Geiste.
Seine in den neunziger jahren produzierten Technoplatten zeugen davon.Obschon sie zum Teil mit der Hilfe von Kotai, DJ Good Groove und schliesslich auch im Umfeld von Auftritten auf der Mayday und im Münchener Ultraschall entstanden sind, reden Meisterwerke wie „Therapie“, „Sexdrops“ und eben vor allem das berauschend klare „Watch the Great Copycat“ von 1996 von der reinen Lehre des Beat.Nichts wird durch Melodien versaut, kein cooles Sample macht laut von sich reden, nein, das ist ein reines, inhaltsleeres Bummmummtschakalak, frei von Marschaspekten wie bei DAF oder gewissen preussischen Reinheitsattitüden wie bei einigen Platten des Tresorlabels.
Und in diesem Moment nun kommt“Final Metal Pralinees“, noch immer geradeweg und unbeirrbar:jedoch sind diese Tracks weicher geworden und auf angenehme Weise eine Spur schmieriger in den Sounds.Was nicht zuletzt daran liegt, dass Görl für diese Platte sein vor zwanzig Jahren erworbenes Sequenzer/Syntheshizer-system von Korg benutzt hat, um diese Platte einzuspielen.Daher durchfliesst diese Platte auch ein Hauch der Versöhnung mit seiner, der Görlschen Vergangenheit: Irgendwie klingen die Sounds alt- jedoch gerade nicht altbacken oder retoresk.
Aber mehr noch:der Lehrling hat, was auf den ersten Platten noch, wenngleich, wie gesagt, auf eine herrliche Weise, angestrengt geklungen hat, da er mit dem Beat um die Hegemonie rang sich auf dieser Platte nicht erlaubt: todernste Strenge.Eher gibt es hier gewisse Nachlässigkeiten- dem Beat gegenüber, nicht der Musik.Görl lächelt, wenn man denn so will.Und wer weiss, dass er nie ganz gewinnen kann, als nur ein Mensch vorm Beat.
Diese Versöhnlichkeit macht „Final Metal Pralinees“ zu der wohl besten Soloplatte von Robert Görl.Wenn es also stimmt, was sein Plattenlabel Disko B etwas sehr laut befürchtet, nämlich das Görl plane, baldigst in ein buddhistisches Kloster zu gehen, so soll er das ruhig tun.
Denn ein Alterswerk hat dieser erfahrungsreiche Mensch jetzt auch noch gehabt.              Jörg Sundermann

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