Die Idee zu diesem Onlinebuch, dessen Umfang unbestimmt bleibt,
entstand während des Lesens verschiedener Interviews mit und
Artikel über Robert Görl aus unterschiedlichen Medien.
Zwischen sich teilweise wiederholenden Fakten fanden sich
Aussagen, die über einen aktuellen Informationszeitraum
hinaus
interessant bleiben und zu diesem Onlinebuch inspirierten.
Der Inhalt dieses Buches wird nicht ad hoc in seinem vollen Umfang
veröffentlicht, wie es beispielsweise generell im Printbereich der
Fall
ist, sondern aus den neu erschlossenen oder frisch hinzugekommenen
Quellen langsam zusammengetragen.
Vorworte: Andere über Robert Görl
Bei Robert Görl gab es auch ein Untertreiben des eigenen Potenzials.
Robbie
ist einer der genialsten Schlagzeuger, die ich je gesehen habe. Er hatte
immer
schon, auch im Jazz, einen eigenen Stil, den ich für aussergewöhnlich
halte.
Es gibt für mich nur einen vergleichbaren Drummer, und das war Stu
Martin,
dieser Jazzdrummer. Der hatte auch, wie Robbie, keine nett klingenden
Ridebecken, sondern schepprige ChinaTypenecken als Ride. Und Robbie hatte
die auch nicht irgendwo da oben hängen, sondern unten, wo er richtig
reinhauen konnte.
Er machte nicht “bing,bing,bing", sondern „krch!krch!krch! “.
Und dieser Stil, das war Robbie.
Pyrolator ( Buch" Verschwende Deine Jugend ",
2001 )
Musik, bestehend aus dem Kampf eines teuflisch präzisen Schlagzeugers
mit den minimalen, schneidenden Loops der Maschinen....
Caol Gaier ( DeBug, 2000, über R.Görls Musik
bei D.A.F. )
Die schwächer gewordene Bedeutung von Selbstinszenierung kam seinem
Bedürfnis nach Reduktion auf das Wesentliche entgegen.
Carol Gaier ( DeBug, 2000 )
Teil I :Robert Görl über andere
Kraftwerk
Mit Kraftwerk hatten wir nie was am Hut. Die waren uns schon immer zu
steril, machen eine sehr exakte, trockene elektronische Musik. Das ist
na-
türlich auch Qualität. Sie arbeiten sehr präzise,
im Grunde genommen im
Songcharakter, von der Komposition her.
Wir arbeiten dagegen sehr zweckorientiert. Bei uns gibt es einen Anfang
der durchgeht bis zum Ende. Die Maschinen konnten während eines Ta-
kes fast abstürzen, genau diesen Effekt fanden wir schon immer gut.
DAF
stehen auf Schmutz in der Elektronik, wenn das fast schon funky wird.
Kraftwerk stellen sich akkurat und sauber, mit Anzügen und schmalen,
schwarzen Krawatten auf die Bühne. Wir lieber mit nacktem Oberkörper.
( Subway 2003 )
Teil II: Ü
b e r M u s i k
Looptrance
Ein Loop ist eine ganz kleine musikalische Einheit, die ununterbrochen
wiederholt
wird. Eine Art kleine Melodie, die aber schon nach etwa zwei Sekunden abge-
schlossen ist und sich dann immerzu von vorn wiederholt. Bei einem guten
Loop
ist diese Melodie so heiß, dass sie lebendig bleibt und nicht nervt.
( Taz 2002 )
Selbst so ein moderner Junge wie Kurt sah in diesen reinen Sequenzer-Loops
noch nicht die Zukunft. Aber vielleicht lag es auch daran, dass ich vom
Schlag-
zeug kam, ich hatte keine Schwierigkeiten, etwas zu akzeptieren, was sich
die
ganze Zeit rhytmisch wiederholt. Ich dachte gleich: "Das ist richtig heiss!“
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003 )
" Minus delta t " wollten mal eine Bassmelodie haben. Da habe ich
ihnen den
Sequenzer eingestellt.Die haben dieses Ding angeschaut:“Gut. Aber der wie-
derholt sich ja dauernd. Was soll das? Mach mal weiter. Was kommt jetzt?"
Und ich habe gesagt:"Das ist es schon!“
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003 )
Techno
Nach der sechsten Loveparade ging mir Techno zu sehr in Richtung Karneval.
( Süddeutsche Zeitung 2002 )
Die Leute sind geblendet von den vielen schönen Farben. Nach aussen
hin sieht
alles schön bunt aus, aber an er Manipulierbarkeit des Menschen hat
sich nichts
geändert.
( Süddeutsche Zeitung 2002 )
Viele behaupten, dass Techno tot ist. Das sehe ich anders.Was wir mit DAF
da-
mals angestossen haben steht heute erst in der Blüte.
Der minimalistische,
energetische Sound ist noch immer aktuell und vorführbar.Techno ist
wie ein
grosses Gehirn, das immer weiter wächst, eine sehr freie Struktur,
die sich
immer weiter ausdifferenziert und sich nicht aufhalten lässt.
( Süddeutsche Zeitung 2002 )
Massentanz-Ekstase & Ich-Auflösung
Beim Tanzen gehen die Leute nur richtig ab, wenn sie drauf sind, wenn sie
sich
aus ihren alltäglichen Umständen lösen.Das ist nichts Neues.Drogen
haben für
die Musik und für Zusammenkünfte von Menschen immer eine zentrale
Rolle ge-
spielt.Schon in der Frühzeit versammelten sich Menschen, schlugen
rhytmisch
auf ihre Trommeln und assen bewusstseinserweiternde Drogen. Drogen gehören
genauso dazu wie Sex.
( Süddeutsche Zeitung 2002 )
DAFs erstes grosses Konzert in Düsseldorf: von einer Sekunde zur anderen
tan-
zen dreitausend Leute zu einem Rhythmus. Alle waren gleich. Und wir als
Musi-
ker gingen völlig in der Masse auf.
( Süddeutsche Zeitung 2002 )
Pogo & Punk
Pogo war ja teilweise wahnsinnig agressiv. Dieses Springen wurde oft so
weit
getrieben, bis es in eine Schlägerei umgekippt ist. Wer nicht auf
diesem Level
springen konnte oder wer dagegen springen wollte- plötzlich hat der
während
dem Pogotanzen auf die Schnauze bekommen.
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003 )
Kraftwerk versus D.A.F.
Mit Kraftwerk hatten wir nie was am Hut. Die waren uns schon immer zu steril,
machen eine sehr exakte, trockene elektronische Musik. Das ist natürlich
auch
Qualität. Sie arbeiten sehr präzise, im Grunde genommen im Songcharakter,
von
der Komposition her. Wir arbeiten dagegen sehr zweckorientiert. Bei uns
gibt es
einen Anfang der durchgeht bis zum Ende. Die Maschinen konnten während
eines
Takes fast abstürzen, genau diesen Effekt fanden wir schon immer gut.
DAF ste-
hen auf Schmutz in der Elektronik, wenn das fast schon funky wird. Kraftwerk
stellen sich akkurat und sauber, mit Anzügen und schmalen, schwarzen
Krawat-
ten auf die Bühne. Wir lieber mit nacktem Oberkörper. Das ist
ein ganz anderes
Ding. DAF waren eher body-orientiert, rough, schwitzend und trotzdem voll
hef-
tig elektronisch. Und mit Punk-Appeal.
( Subway 2003)
Elektronische Körpermusik
Ich wusste schon ein bisschen über die klassische E-Musik und dass
da auch
schon mit Minimalismus und Monotonie experimentiert worden war. Ich hatte
ja Musik studiert. Für uns war aber vor allem wichtig, dass unsere
Musik tanz-
bar war. Andere Leute mögen schon vor uns mit Loopstrukturen gearbeitet
ha-
ben. Aber das war nicht zum Tanzen geeignet, nicht tauglich für den
Körper.
Wir wollten keine Experimentierband sein, die irgendwelche
elektronischen
Klangstrukturen schafft.
( Taz 2002 )
Zum
Schluss habe ich noch akustisches Schlagzeug auf die ganze Elektronik
draufgespielt. Das ganze Schlagzeugset, mit Becken und allem drum und dran.
Und Elektronik tickert ja gnadenlos . Das war Gewalt an mir selber. Heute
lässt
man den Computer dazu laufen. Aber damals war das noch eine echte Mensch
-Maschine-Angelegenheit. Du musstest als Mensch so perfekt wie eine Maschi-
ne spielen. Das war Hochleistungssport.Plus wahnsinnige Konzentrationssache.
Und in diesem Sinne wurde das auch gewürdigt.Was ich gemacht habe,
das
hat vielleicht gerade noch der Can-Trommler hingekriegt.Kraftwerk
hatten ja
diesen Mensch-Maschine-Aspekt gar nicht dabei.DAF war eine Mischung aus
Schweiss und Elektronik. Das war ein totales Geschwitze. Der Mensch und
die
Elektronik zusammengeschweisst , haha. Der Mensch musste wie eine Maschi-
ne drauf sein.Total krass.
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003 )
Deutsche Texte für deutsch-amerikanische Körper
Das war wichtig, dass das in deutsch war, dass zu so einer progressiven
Musik
plötzlich deutsch möglich war. Die Engländer und Amerikaner
hatten bis dahin
das Monopol auf moderne Musik. Und deutsche Jugend hatte keine andere
Wahl
als englisch zu hören. Wir waren der Bruch einer Vorherrschaft.
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003)
" Modern Primitivs "-Power
Irgendwann habe ich mir Töpfe und Kisten und Waschmitteltrommeln zu-
sammengesucht-damals gab es ja noch diese Zehnkilotrommeln von Omo-
und habe auf meinem Zimmer darauf herumgehauen. Das hat damals nie-
mand verstanden.
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003 )
Schlagzeug & Drumcomputer
Schlagzeugspielen
ist eine sehr schwitzige Angelegenheit, ich hatte alles aus-
geschwitzt. Ausserdem auch besser geeignet für Anfang 20. Wenn du
über 30
wirst, fängst Du an, Dich zu fragen:Was schlägst Du da so rum.Du
bist dann
einfach cooler, wenn Du ein kleines Tippgerät benutzt, aus dem
der gleiche
Wumms rauskommt.
( DeBug, 2000
)
Teil III
Retrospektiven, Vergangenheit & Nostalgie
Vorbei ist nie irgend etwas. Es gibt auch heute noch einige
Menschen die
z.B. auf Mozart stehen und wie lange ist der eigentlich schon unter der
Erde.
( Black 2003 )
( Einer bestimmten Sache) fröhnen
Davor sollte man sich hüten.Denn Ich verstehe unter fröhnen "
anhänglich
bis fast süchtig nach einem Ritual zu sein " es ist egal ob
das der Sport-
verein, oft gutes Essen, an eingefahrenen Meditationstechniken hängen
oder was auch immer ist. Davor sollte man sich hüten. Das sage
ich noch
einmal.
( Black 2003 )
Denk- und Verhaltens-Konditionierungen
Um festhängende Muster aufzulösen bedarf es manchmal
Schwerstarbeit.
Und für Schwerstarbeit sind viele ganz einfach zu faul beziehungsweise
zu
bequem.
( Black 2003 )
Gewohnheiten sitzen manchaml fest wie alter schmieriger Dreck.
Da muss
man geschickt putzen.
( Raveline 2000 )
Denkmäler kann man ruhig umstürzen, auch die eigenen. Ja klar.
Was hat
das schon für einen Wert: Denkmäler? Das ist auch nur eine komische
Erfindung.
( Arte TV, Mai 04 )
Die Kraft des Moments
Eine kurze Begegnung kann oft viel mehr sagen als langes Gerede.
( Black 2003 )
Freiheit & Selbstfindung
Ich muss nicht mehr woanders hingehen, um mich selbst zu finden und
nach Freiheit zu suchen. Von diesem Trip bin ich herunter. Ich habe auch
die Angst vor der Unfreiheit verloren.
( Süddeutsche Zeitung 2002 )
Der Zwang zum Neuen ( Manical " New !"- Searchs)
Du musst nicht zweimal was erfinden. Du kannst daran weiterarbeiten.
Wenn du etwas erfunden hast, was zwei Jahrzehnte geprägt hat, warum
sollst du dann unter dem Druck stehen, etwas neues erfinden zu müs-
sen ?
( Raveline 2000 )
Die Freiheit der Kunst
Auch heute bin ich noch für die vollständige Ausdrucksfreiheit
in der Kunst.
Allerdings würde ich inzwischen, vor allem aufgrund meiner spirituellen
Er-
fahrung niemand mehr mit diesem Anspruch schaden wollen. Wenn ich pro-
vozieren will, dann muss das subtiler als damals (zu DAF-Zeiten ) gesche-
hen. Also ich halte nichts von Beschränkung in der Kunst und
bin vollkom-
men offen für alles und jeden- aber in meiner eigenen Kunst würde
ich be-
dachter als damals vorgehen.
( Zillo-Magazin 2000 )
Sex
Wie sollen sich Themen wie Sex auch erschöpfen ?
Wenn sich Sex erschöpft, dann ist die Welt zu Ende.
( Raveline 2000 )
Buddha und Musik
Grundsätzlich würde man zuerst einmal sagen: Buddhismus hat
nichts mit
Musik zu tun. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit, denn der Buddhismus
steht nicht für Limitation, Ausgrenzung, Verbot oder auch
Genugtuung.
Buddhismus ist frei von Vorurteilen, Zwängen, Bevormundung ect.
All die-
sen dummen Dingen in dieser Welt. Somit versteht es sich, dass Musik ei-
nen freien Platz in einer freien Ansicht einnimmt Für mich ist das
erstellen
von Tracks wie ein Mandala.Du baust etwas einzigartiges, grosses, gefühl-
volles auf - und danach wird darauf abgetanzt und das Ding ist durch -
bis
hin zum Wegwurf.
( Black 2003 )
Man hat mir schon einmal gesagt meine Musik würde wie tibetanische
Ge-
betsmühlen klingen. Das stimmt irgendwie.Loop-Musik ist schon vergleich-
bar mit repetitiven Gebetsformeln...aber auch mit afrikanischen Stammes-
ritualen. Ich denke ich habe schon immer einen Draht zur genüsslichen
Ur-
suppe. Meine Meditation hat mit Musik nichts zu tun - weder
mit Gabba,
Acid noch mit Schönklang- Harmonie oder Bön Gesang etc. Das
alles sind
höchstens Hilfskrücken auf dem Weg. Aber ok die Wege sind verschieden.
( Black 2003 )
Meine Musik hat nichts mit meinem Buddha-Weg zu tun.
Sie gehört eher
zu den Gewohnheiten, wenn auch zu den schönen.Musik hat generell nichts
mit Buddhismus zu tun, auch Schönklangmusik nicht, das
ist höchstens ei-
ne Idee.
( Raveline 2000 )
Wenn jemand ernsthaft versucht das Nirwana zu erreichen,
wird er sei-
nen Weg finden müssen der ihn da hinbringt, und dieser ist auch oftmals
begleitet von Irrtum, Illusion, Täuschung und anderen Umwegen. Schon
lange vor dem Nirwana ist der Hörsinn überwunden. Die
Musik, die ich
produziere hat nichts mit Nirwana oder dem Weg zum Nirwana zu tun. Sie
ist eine weltliche Angelegenheit für weltliche Menschen.
( Black 2003 )
Konventionalität & Dilletantismus am Beispiel der Musik
Ein Musikstudium erleichtert nicht unbedingt die Verwirklichung musika-
lischer Ideen, - und technische Versiertheit ist kein Garant
für kreative
Musikumsetzung. Es gibt dafür genügend Beispiele. Musik
ist Kunst. Da
hat auch der Diletant seine Chance, und einen " kreativen Dilettanten
"
sollte man nicht unterschätzen. Wir sprechen ja hier von der
Unterhal-
tungsbranche und nicht von ernster Musik, die ernsten bzw. starren
Re-
geln unterworfen ist. Ich denke, eine Mischung ist gut - ...aus Profi
und
Dilletant in einer Person.
( Black 2003 )
Politik, Position, Utopie
Nicht unbedingt eine linke Position einnehmen, sondern nach wie vor
ein-
fach nur draufdrücken auf heiße Sachen, auf gewisse Polit-Tabus,
auf Ge-
waltherrschaft, Gewaltmonopole.
( Kölner Stadtrevue 2003 )
Die amerikanische Flagge ist ein Symbol für Kulturzerstörung.
( Falter 2003 )
Diese heimliche Sympathie für Terrorismus zieht sich doch ohnehin
durch
alle Zeiten. Das sind Bewegungen gegen die große Macht, gegen
die wir
sowieso alle ohnmächtig sind.
( Falter 2003 )
Aus meiner Sicht sind wir ( DAF ) eigentlich gleichzeitig für alles
und gegen
alles. Was sich logischerweise auch wieder aufhebt.
( Tranceform 2004 )
Meine Zukunftsvision bezieht sich nicht auf diese Welt, sondern auf eine
an-
dere. Diese Welt ist überholt. Man kennt sie mittlerweile in und auswendig
und sollte zusehen, dass man nicht allzu lang in ihr verweilt. Ich
kann mir
kaum vorstellen, dass irgendwer guten Gewissens behaupten kann, diese
Welt wäre gut.
( Tranceform 2004 )
Ich (wir von DAF) finde(n) es sehr wichtig, dass sich Musiker politisch
en-
gagieren. Das war auch damals schon so, auch wenn die Zielrichtung heu-
te konkreter ist. Wir sehen uns selbst ja auch als Tabu-Brecher in unserer
Nation.
( e-lectric 2003 )
Robert Görl
Ich war der totale Einzelgänger. Ich war immer der Beobachter. Ich
habe
immer überlegt: "Warum schlagen die den jetzt zusammen? Ist der
wirklich ein Arschloch?“
( Buch "Verschwende Deine Jugend " 2003)